Historie
Bogendorf
in Siebenbürgen
heute
ungarisch “Szaszbogacs”,
rumänisch “Bagaciu"
Bogendorf
in der Oberlausitz
heute
polnisch “Lukow“
Die Ortschaft
Bogendorf existiert gleich zweimal als sächsische Siedlung, nämlich
im ehemaligen Landkreis Rothenburg an der Neiße in der Oberlausitz,
etwa 10 km östlich von Bad Muskau in Niederschlesien. Und zum
anderen im südlichen Siebenbürgen (Ungarn, seit 1919 Rumänien) am
Bogen des Flüsschens „Kleine Kokel“ (in manchen Quellen wird der
Ort auch als „Bogeschdorf“ bezeichnet).
Im 3. und 4.
Jahrhundert besiedelten Germanen die Oberlausitz und zogen dann
weiter westwärts. Um 600 n. Chr. folgten dann Sorben, ein kleiner
slawischer Stamm. Etwa um 900 – 1000 n. Chr. drangen dann die
angrenzenden Sachsen in das Gebiet ein. Das Mittelalter war die hohe
Zeit der deutschen Ostkolonialisierung und Christianisierung. Die
Sachsen waren den Sorben zahlenmäßig und militärisch überlegen.
Sie vermischten sich mit ihnen. Dennoch behielt der kleine slawische
Stamm – bis heute – seine Kultur, seine Sprache und seine
Brauchtümer. In 1031 beendete der „Friede von Bautzen“ die fast
100 Jahre andauernde kriegerische Auseinandersetzung zwischen dem
Deutschen Reich (Deutscher König war der Herzog von Sachsen) und
Polen. Die Oberlausitz gehört – von wenigen Landstrichen jenseits
der Neiße abgesehen - seither ununterbrochen zum deutschen
Staatsgebiet, wenn auch mit wechselnder Landesherrschaft, aber immer
zum Bistum Meißen in Sachsen. Während der Reformationszeit wurde
die Oberlausitz evangelisch. Im Jahre 1635 wurde durch den „Prager
Frieden“ die gesamte Oberlausitz dem kurfürstlichen Herzogtum
Sachsen („Kur-Sachsen“) zugesprochen, womit der Kurfürst von
Sachsen auch Markgraf der Oberlausitz wurde. Der Wiener Kongress im
Jahre 1815 beschloss die Teilung der Oberlausitz zulasten Sachsens
und zugunsten Preußens: etwa die Hälfte der Markgrafschaft
Oberlausitz fiel an die preußischen Provinzen Schlesien und
Brandenburg.
Bis 1945 zählte das Bogendorf in der
Oberlausitz schließlich zur preußischen Provinz Schlesien,
nämlich zum Landkreis Rothenburg a.d. Neiße. Bei der Volkszählung
1939 lebten dort 198 Einwohner (davon 92% evangelisch, 6,8%
katholisch). Die Gerichtsbezirke waren Amtsgericht Bad Muskau,
Landgericht Görlitz und Oberlandesgericht Breslau. Nach 1945 fielen
etwa 80% des Landkreises Rothenburg westlich der Neiße an den
Freistaat Sachsen, heute „niederschlesischer Oberlausitzkreis“.
Die restlichen 20% östlich der Neiße – darunter auch Bogendorf –
fielen an Polen. Die deutsche Bevölkerung wurde vollständig
vertrieben. Die meisten Bewohner nutzten das schlesisch-sächsische
Grenzgebiet, um über die Neiße westlich zu fliehen. Heute leben
etwa 50 Personen in Bogendorf. Viele Häuser wurden nach allmählichem
Verfall abgerissen. Das ehemalige Rittergut ist heute eine Ruine. Die
einstige Pracht ist z.T. noch erkennbar. Der polnische Name des
ehemaligen freiherrlichen Guts lautet „Lukow“. Die weitere
Geschichte des oberlausitzer Bogendorf liegt im Dunkeln. Die alte
Dorfkirche, deren Kirchenbücher und sämtliche Archivbestände des
Ritterguts wurden beim Einmarsch der Roten Arme im Februar 1945
vernichtet. Akten des Gemeindehauses verbrannten die abziehenden
NS-Schergen. Rekonstruktionen sind nur noch schwer möglich.
Die
Gründung des Ortes Bogendorf in
Siebenbürgen erfolgte
aufgrund eines Siedlungsangebots des Königs GEISA II. zum Schutze
der ungarischen Krone z.B. vor einfallenden Tataren und Osmanen durch
ausgewanderte Sachsen um 1100 n.Chr. König Geisa überließ den
eingewanderten Deutschen große Gebiete in Transsylvanien, ein
fruchtbarer Landstrich eingebettet in die Karpaten, und gestatte
ihnen die fast vollständige Selbstverwaltung. Bogendorf, auch
Bogeschdorf genannt, wurde eine kleine sächsische Weinbaugemeinde in
Transsylvanien und war politisch bis 1919 ein Teil Ungarns im
Großfürstentum Siebenbürgen, zuletzt der Donaumonarchie
Österreich-Ungarn. Erst nach dem 1. Weltkrieg fiel die Hälfte des
Staatsgebiets Ungarns, darunter auch Siebenbürgen, an das heutige
Rumänien. Die Siebenbürgen-Sachsen bildeten bis 1990 stets eine
starke, homogene Minderheit (etwa 250.000), wobei ganze Landstriche
und einzelne Städte und Gemeinden in Siebenbürgen nahezu
vollständig deutsch besiedelt waren. Im Jahre 2010 beträgt der
deutsche Anteil der Gesamtbevölkerung nach einer großen
Auswanderungswelle in den 1990er Jahren heute nur noch ca. 15.000
Einwohner.
Die erste urkundliche Erwähnung Bogendorfs in
Transsylvanien stammt aus dem Jahre 1359. Auf einer Stühleversammlung
des Mediascher Stuhls nahmen u.a. Graf Salomon von Bogendorf und die
Dorfältesten teil (Ub. II-743-157). Am 20. März 1408 tritt die
Schwiegertochter des Grafen Salomon in Erscheinung, Gräfin
Elisabeth. In dieser Urkunde erfahren wir, dass Graf Salomon ein Sohn
des Grafen Arnold von Bogendorf und mit Katharina von Bethlen
verheiratet war. Elisabeth prozessiert um Besitzanteile ihrer Mutter
Katharina, geb. von Bethlen, und ist mit Graf Nikolaus von Bogendorf
verheiratet (Quelle: Bogeschdorf, ein Dorf in Siebenürgen - Über
die Stoppeln weht noch der Wind von Herta Werner, 2. Auflage, 2005,
S. 150 ff., auch Ub. I-1609-452). Als Adelssitz urkundlich erwähnt
wird Bogendorf erneut im Jahre 1449 in Gürteln. Das Dorf Gürteln
liegt im Süden Siebenbürgens, im Kreisbezirk Hermannstadt (heute
Rumänien) und wird das erste Mal unter dem Namen "Valle
Gerrudis" erwähnt. Es wird unter den Gemeinden, die zur
Hermannstädter Propstei gehören, in einem päpstlichen
Steuerverzeichnis genannt. Ein Pfarrer namens Jakobus zahlt
päpstliche Steuer (Quelle: Mon Vat. I./144). Im Jahre 1449 wird in
einem Grundstücksverkauf der Adelsfamilie „von Gürteln“
(“Petrus et Michael filii Stephanie filius Michaelis de Gerdal”)
der Zeuge “Nikolaus Zarz von Bogendorf” genannt (Quelle: Ub.
V-2383-59), es geht um die Besitzanteile in den Orten Bürgisch,
Kabisch und Eibesdorf,
Die Burgkirche wurde in der ersten
Hälfte des 15. Jh. errichtet, zunächst als turmlose Saalkirche mit
Polygonchor und nördlich anschließender Sakristei. Im Chordachstuhl
fanden Bauarbeiter das Datum 1421 in einem Balken eingekerbt - wohl
das Vollendungsjahr der Kirche in erster Bauphase. In 1564 setzte
sich die Reformation durch. Die Siebenbürgen-Sachsen traten fast
geschlossen zum evangelischen Glauben über. Bogeschdorf liegt
inmitten eines bedeutenden Weinbaugebietes, das berühmte Rebsorten
hervorbrachte. Der würzige, schwere "Bogeschdorfer" zählt
zu den edelsten Sorten Siebenbürgens. Der rumänische Name des
früheren siebenbürgen-sächsischen Bogendorf lautet heute „Bagaciu“
Nahezu die gesamte deutsche Bevölkerung wanderte nach dem Fall des
Eisernen Vorhangs in die Bundesrepublik Deutschland aus. Aus der
deutschen Bevölkerungsmehrheit Bogendorfs im Jahre 1989 (ca. 99 %)
wurde eine Minderheit (ca. 1 %) im Jahre 2010. Damit endet die
850jährige Geschichte der Deutschen in Bogendorf - wie in ganz
Siebenbürgen.
Den Bogen zwischen der Oberlausitz und
Siebenbürgen schlägt die fast 100 Jahre andauernde kriegerische
Auseinandersetzung zwischen Sachsen und Polen, die erst 1031 beendet
wurde. Viele Oberlausitzer gerieten in Not, sahen die Zukunft nur in
der Auswanderung und folgten den Angeboten des ungarischen Königs
zur Besiedlung Transylvaniens ohne Leibeigenschaft. Sie waren nur der
Stephanskrone unterworfen, erhielten urbares Land und durften sich
als autarke deutsche Siedlungen selbst verwalten. Der Verbund der
sieben wichtigsten “Stühle” Transsylvaniens („Das Land hinter
den Wäldern“), die 7 Burgen, wurde zum Namensgeber
(„Siebenbürgen“). Es darf vermutet werden, dass Bogendorfer
Siedler aus der Oberlausitz über Böhmen (Bogendorf im Sudentenland
und Bogendorf in Mähren, urk. erwähnt 1235) auswanderten und in der
neuen Heimat zwischen den Karpaten ein neues Bogendorf (Bogeschdorf)
gründeten. Zumindest verweisen Urkunden und Wappen in Siebenbürgen
auf Bogendorf in der Oberlausitz im Sudetenland und in Mähren. Sogar
Trachten der oberlausitzer resp. der böhmischen Bogendorfs weisen
Ähnlichkeiten mit Bogendorf in Siebenbürgen auf. So befindet sich
z.B. das Wappen der Sorben (Oberlausitz), das 3-blättrige
Lindenblatt, eingeschnitzt in der Kirchenburg von Bogeschdorf
(Siebenbürgen). Die neueste Forschung nimmt an, dass der Name
Bogendorf/Bogeschdorf slawischen Ursprungs sei (Herta Werner, w.o.,
S. 148 f). Es liegt nahe, dass die slawische Minderheit der Sorben
aus der Oberlausitz nicht nur dort der Namensgeber war, sondern auch
in Siebenbürgen, im Sudentenland (Böhmen) und in Mähren. Es
entspräche exakt der Wanderungsroute von Sachsen in das damals
ungarische Transsylvanien.
Aufgrund nachhaltiger
Zerstörungen alter Adelssitze und Archive während der
kommunistischen Diktatur (1945 bis 1989) sowie der Unterdrückung des
deutschen Kultur lassen sich viele historische Quellen heute nicht
mehr erschließen.
Die Darstellung des Ortsnamens unterlag den
Zeiten entsprechend immer wieder Veränderungen, z.B. in der
sächsischen oder siebenbürgisch-sächsischen, aber auch der
ungarischen und rumänischen Mundart
1359 - Bogacs (Ub
II-743-157)
1366 - Bogath (Ub II-847-241 Saxones de
Bogath)
1394 - Bogach (Ub III-1321-78)
1449 -
Bogendorf (Ub V-2383-59)
1485 - Bogasdorff (Om 191)
1497
- Bogosderf (siebenbürg.-sächs. Wörterbuch)
1532
- Bogisdorf (Om Kr II-282)
1591 - Bogachs
(siebenbürgisch-sächsisches Wörterbuch)
1729 -
Bogeschdorf (S.S. Wörterbuch I-320)
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