"Es ist dem Untertanen untersagt,
den Maßstab seiner
beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrig-
zu legen." - Gustav v. Rochow (1792-1847), preußischer
Innenminister u. Staatsminister
Mit der
Einführung der Weimarer Reichsverfassung
am 14.08.1919 wandelte sich Deutschland zu einer parlamentarischen
Republik. Die Monarchie und der Adel wurden abgeschafft. Bisherige
Adelszeichen (auch Adelprädikate oder Adelstitel genannt) stellen
seither nur noch Bestandteile des Familiennamens ohne jedwede Bedeutung
dar (Art. 109 WeimRV).
Das Reichsgericht stellte am 27.11.1924 bis heute gültig
unmissverständlich klar:
„Die Absicht des
Reichsgesetzgebers war es, bisher
adelige Namen den
bürgerlichen Namen in jeder
Hinsicht
gleichzustellen, daß bisherige
Adelszeichen nicht anders als
eine
Silbe im
Namen zu behandeln sind. Im
Widerspruche mit
dieser gesetzgeberischen Absicht würden dem
bisherigen adeligen Namen doch ein Vorzug zu-
gestanden werden, wenn
es unzulässig sein sollte, einen so beschaffenen
Namen im Verfahren der
Namensänderung zu
erlangen“ .
Quellen:
RGZ 109, 243,
253 (1925) = JW 1925, S. 2118 (215-218) = StAZ 1925, S. 250 (247-250)
Kurz formuliert:
Frühere Adelszeichen stellen in einer Republik nichts anderes dar als
willkürlich zusammengesetzte Buchstabenfolgen.
Seit der
Abschaffung der deutschen Monarchie samt Adel verstehen es
indes die "Blaublüter" immer wieder, den Eindruck zu erwecken, ihr
Stand perpetuiere fortwährend. Seit dem 24.02.1874 hatten sich die Monarchisten
in der sog. DEUTSCHEN ADELSGENOSSENSCHAFT
(DAG) organisiert mit dem Ziel, den eigenen Stand zu verteidigen sowie
jeder demokratischen, republikanischen, liberalen und sozialen
Bestrebung massiv entgegenzutreten. Auch jagten die "Gottbegnadeten"
mit Akribie "Scheinadelige", also Personen, die durch
Adoption/Einbenennung/Ehe rechtmäßig den in der Märchenwelt als "adelig"
geltenden
Namen anstelle des "bürgerlichen" trugen. Es folgte der Eintrag in das
adelige Schwarzbuch (“GOTHAER”). Diese Hetzjagd erfolgt
bis heute z.T. so geschickt, dass viele Unwissende gar nicht bemerkt
haben,
in einer Republik können Adelsprädikate in Ermangelung einer Monarchie
gar nicht existieren. Und einen Unterschied zwischen "von" und
"bürgerlich" kennen weder die Verfassung (Gleichheitssatz gem. Art. 3
GG Abs. 1) noch das Bürgerliche
Gesetzbuch (BGB). Alle Menschen sind vor Gott und dem Gesetz gleich!
"Adeligen" schaudert diese Vorstellung.
Auch die Bezeichnung "historischer Adel" (von den Blaublütern gerne
verschleiernd vorgetragen), stellt die Unwahrheit dar. Wer nach 1918
geboren wurde, ist gemäß verfassungsrechtlicher Weisung (Art. 109 I
WeimRV; Art. 3 I GG) ein Bürger wie
jeder andere - "von" hin oder her! Da kaum noch jemand leben dürfte,
der tatsächlich als Adeliger während der Monarchie das Licht der Welt
erblickte, existieren in Deutschland auch keine ehemaligen
Adeligen ("historischer Adel") mehr. Der Adel ist erloschen. Der sog.
Adelsstand propagiert indes bis heute genau das Gegenteil.
Sebastian-Johannes Prinz v. Spoenla-Metternich fasst in seinem
aufsehenerregenden Buch prägnant zusammen: Ziel des deutschen
Adels sei die Restitution (Wiederherstellung) der Monarchie, die
Liquidierung der republikanischen Staatsform (siehe Rezension DER SPIEGEL 10.05.1999).
Nach der Abdankung der Monarchie
(1918) formierten sich die Ewiggestrigen in der Weimarer Republik neu
und
verlangten in der neuen DAG-Satzung vom 04.02.1921 einen Ariernachweis.
Nichtdeutsche, Juden und nicht dem Mannesstamme
entsprungene Personen durften die DAG-Mitgliedschaft nicht erwerben
Nicht-Weiße schon gar nicht, im Kotrast hierzu erhebt das britische
Königshaus seit Jahrhunderten andere Ethnien in den Adelsstand). Über
die Blutreinhaltung wacht(e) der selbsternannte "Adelsrechtsausschuss",
ein Privatgericht der "adligen" Parallelgesellschaft, tatsächlich d
a
s Inquisitionsgericht zur Erhaltung des königsblauen Blutes und
zur Diskreditierung des bürgerlichen Standes.
Lange vor der Machtergreifung Adolfs Hitlers (1933), vor den sog. Arierparagraphen (1933) und den "Nürnberger Rassegesetzen"
(1935), gerierten sich die deutschen Adeligen als Antidemokraten,
Nationalisten, Rassisten und Antisemiten par excellence. Es waren
zuvörderst Adlige, die Adolf Hitler die Machtergreifung ermöglichten
und den Weg zum Weltkrieg planierten, nicht erst seit dem sog. Preußenschlag
vom 20.07.1932,
als der blasierte Rechtskanzler Franz v. Papen die rechtmäßige
preußische Staatsregierung verfassungswidrig absetzte (vgl. DER SPIEGEL 19.07.2007). Dieser Staatsstreich auf
der Grundlage einer Notverordnung des Reichspräsidenten Paul v. Hindenburg öffnete den
NAZIS die Regierungstüren (vgl. "Kabinett
der Barone", 1932, unter Franz v. Papen). Der Parteienforscher Franz Walter
kommt zu dem Schluss, ein paar reaktionäre Barone hätten lediglich
einen halben Tag gebraucht, um das republikanische Preußen zu
zertrümmern (DER SPIEGEL 19.07.2007).
Selbstredend, dass tausende "Adelige" in der Wehrmacht, in der SS, in
der Verwaltung und in der Justiz die Karriereleiter erkommen. Etwa 90%
des deutschen Adels sah sich im Einklang mit dem Nationalsozialismus.
Nach der Hitler-Diktatur organisierten
sich die alten Adelsstrukturen
neu. Um nicht offenkundig in den Sog der rassistischen, NS-treuen DAG
zu gelangen, bildeten die Monarchisten die "Arbeitsgemeinschaft
deutscher Adelsverbände", welche mit der DAG logistisch und personell de facto
fusionierte. Diese Arbeitsgemeinschaft bildete am 15.05.1956 das
Fundament für die
Ewiggestrigen zur Gründung der "Vereinigung der Deutschen Adelsverbände"
(VdDA). Am gleichen Tag löste ein Notvorstand juristisch die allzu
belastete DAG auf, ohne auf personelle bzw. strukturelle Kontinuität zu
verzichten. Und Claus Schenk Graf v. Stauffenberg,
der mutige Hitler-Attentäter, wurde, wenn auch widerwillig, als
Banner der Edlen zum Beweis der NS-Opposition hochgehalten. Tatsächlich
verachteten die "Blaublüter" ihren Standesgenossen: "Mit
dem Deutschen Volke begrüßt die Deutsche Adelsgenossenschaft in
tiefster Dankbarkeit das Mißlingen des gegen das Leben des Führers
gerichteten Anschlages. Sie verabscheut zugleich dieses verruchte
Verbrechen ..." (Fürst zu Bentheim-Tecklenburg, Adelsmarschall,
im DEUTSCHEN ADELSBLATT nach dem Attentat Graf Stauffenbergs auf
Adolf Hitler am 20.07.1944).
Die deutschen Adeligen verfolgen seit 507 n. Chr. bis heute
auf der Grundlage des "Salischen Rechts" (Lex Salica), also der Adels-Scharia,
konsequent die Ausgrenzung, gesteht der "Adelsrechtsausschuss" auf seiner Internetseite.
So wird das "edle Blut" nur im
Mannesstamme vererbt. Frauen bleiben grundsätzlich rechtlos, zumal in
der Erbfolge. Heiratet eine adlige Tochter in eine bürgerliche Familie
ein, folgt die Ausgrenzung aus dem Adelsverband. Reicht eine "adlige"
Frau ihren Familiennamen an den "bürgerlichen" Ehemann weiter, fliegt
sie (und die gesamte Familie) aus allen Adelsorganisationen. Auch
nicht-eheliche Kinder einer Adelsdame, werden im sog. Adel verachtet
und - logisch - ausgegrenzt. Das sog. Salische
Recht
greift bis heute (!) als Grundlage für Rassismus und
Frauenfeindlichkeit
in der selbsternannten Adels-Elite durch. Verstaubte dominieren die
deutschen Adelsverbände und verbünden sich nicht selten mit der neuen
politischen Rechten in Deutschland, z.B. um Restitutionsansprüche im
Beitrittsgebiet zu forcieren. Die "NS-Rassenhygiene"
als Staatsziel deckt sich weitgehend und erschreckend mit der
adeligen "Blut-Ideologie". Jutta v. Ditfurth formuliert es treffend:
"Der deutsche Adel war mit seinem Judenhass und seinem elitären
Blutreinheitswahn eine frühe Quelle der NS-Ideologie und der Nürnberger
Rassengesetze" (Jutta Ditfurth in "Der
Baron, die Juden und die Nazis", Hoffmann & Campe Verlag,
Hamburg). Das
amtierende Oberhaupt der Banken- u.
Bleistift-Dynastie Castell, Albrecht Fürst zu Castell-Castell,
beichtete kürzlich: "Im deutschen Adel ist eine
antisemitische Haltung weit verbreitet" (Mainpost
21.10.2014 ).
Englische
TV Dokumentation (2009)
zum vormalig herzoglichen Haus Sachsen-Coburg u. Gotha
Download-LINK hier
Wie grotesk das antiquierte Denken wirkt, belegt ein Erbschaftsstreit
jüngst im sog. deutschen Hochadel. Als Albrecht Prinz von Sachsen (1934-2012) starb,
verblich der letzte männliche Nachkomme des sächsischen Königs Friedrich August III.
(1865-1932). Um den Fortbestand der Dynastie im ehemaligen
Herrscherhaus der Altbertinischen Wettiner
zu sichern, griff Prinz Albrecht bereits 1997 in die unadelige
Trickkiste: Er
regelte die "Thronfolge" vor einem Dresdner Notar und adoptierte
anschliessend über eine weibliche Linie den entfernten Verwandten
Alexander Afif-Gessaphe, ein Deutsch-Libanese.
Dies wiederum erkennt der sog. Adelsrechtsausschuss nicht an, weil ein
Verstoß gegen die Lex Salica vorliege. Auch das "Hausgesetz von 1837" der Albertinischen
Wettiner würden missachtet. Vielmehr sei das sächsische
Herrscherhaus (Albertinische Linie) erloschen (Mitteldeutscher Rundfunk 21.04.2014).
Und arabisches (=semitisches) Blut wird im arisch-deutschen Adel
traditionell ohnehin nicht geduldet. Der Atisemitismus zählt bis heute
zu den Grundfesten des deutschen "Adels".
Darüber wiederum freut sich Prinzen Michael von Sachsen-
Weimar-Eisenach aus
der Ernestinischen Linie der Sachsen-Herzöge. Damit, so Prinz Michael,
sei die Leipziger Teilung Sachsens vom 26.08.1485
in die Ernestinischen (heute weitgehend Thüringen) und die
Albertinischen Wettiner (heute weitgehend Sachsen und Sachsen-Anhalt) hinfällig geworden (Mitteldeutscher
Rundfunk 10.04.2014).
Die deutsche WIKIPEDIA-Seite des adoptierten "Thronfolgers" Alexander
Prinz von Sachsen-Gessaphe wurde unerklärlich gelöscht, jedoch
erscheint weiterhin die englischsprachige Version. DER SPIEGEL nannte das
Gezeter der edlen Herren einfach nur "würdelos und widerlich" (Ausgabe 21.12.2002). Ungeachtet dessen tobt der Wettiner Streit über die Wirksamkeit des Salischen
Rechts
weiter. Karneval in Dresden und Weimar! Die deutsche Yellow Press,
ohnehin
weitgehend adelsbesoffen und kenntnislos, jubelt über auflagenstarke
Depeschen, ohne den Leser aufzuklären, dass in Deutschland seit 1918
kein Adel mehr existiert!
Trotz dieser Tatsache erklärten die
3 thüringischen, sprich: ermestinischen Sachsen-(Groß)Herzöge, dass
der albertinische eingesetzte Chef der Sachsen-Prinzen, Alexander
Prinz von
Sachsen-Gesaphe, weder dem Adel noch der Wettiner Familie
angehöre (siehe BILD vom 27.06.2015). Das dynastische Haus
Wettinbeschränke
sich jetzt nur noch auf die thüringischen Linien, deren
Lnienältester nunmehr Chef des sächsischen Gesamthauses sei:
Michael-Benedikt von Sachsen-Weimar u. Eisenach.
Dieser ist freilich ebenso wenig "hausgesetzmäßig" verheiratet wie
dessen
voraussichtliche Nachfolger. Und seit wann durfte während der Monarchie
eine Scharia-Gericht ("Adelsrechtsausschuss") die Entscheidung eines
soveränen Königshauses (das wären die albertinischen Wettiner heute) in
Frage stellen?
Erklärung der 3 schein-adeligen
Fürsten-Oberhäupter aus dem Hause der ernestinischen Wettiner vom
23.06.2015 (PDF)
Was die 3 Ernestiner jedoch in grenzenlosem Realitätsverlust nicht
begreifen wollen, ist, das k e i n Deutscher, der nach der
Ausrufung der Republik am 09.11.1918 geboren wurde, ein Adeliger sein
kann - wo keine Monarchie, dort kein Adel. Tatsächlich existieren in
Deutschland seit dem 09.11.1918 nur noch SCHEIN-Adelige, also Personen,
die unter Täuschungsabsicht vorgeben, dem Adel anzugehgören, obgleich dieser definitiv
hinweggepustet wurde.
Als Petitesse sei erwähnt, dass die römischen Caesaren (Kaiser)
üblicherweise die Thronfolge durch Adoptionen
zu regeln pflegten, um die geeignetesten
Kandidaten mit der Führung der
Staatsgeschäfte zu betreiben. Nicht das Blut entschied, wie das Hausgesetz der Sachsen-Könige von 1837
in Verkennung der Realität manifestierte, sondern die Befähigung.
Nichts fürchten Adelige indes mehr,
als die Konkurrenz aus dem "bürgerlichen Lager", stünde doch deren
"Gottes Gnadentum" zur Disposition.
Letztlich landete auch das römische Caesarenreich - wie alle
selbsternannten Elitenreiche - (zurecht) auf dem Müllhaufen der
Geschichte. Und das ist gut so.